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Streitgespräch zwischen Barbara Schmidt (LINKE), Jan Maik Schlifter (FDP) und Klaus Rees (GRÜNE) im “Bielefelder” (Mai 2014)

Bielefelder Gespräch -Bielefeld wählt

Im vergangenen Herbst hat Pit Clausen den Weg frei gemacht für vorgezogene OB-Wahlen bei der Kommunalwahl am 25. Mai. Neben dem Amtsinhaber von der SPD kandidieren auch Andreas Rüther (CDU) und Johannes Delius (BfB), dem gar Außenseiterchancen für die Stichwahl eingeräumt werden. Nachdem das Trio in den vergangenen Monaten im BIELEFELDER bereits zu Wort gekommen ist, haben wir drei weitere OB-Kandidaten zum „Bielefelder Gespräch“ gebeten. Klar, kritisch, selbstbewusst grenzen sie sich von den anderen ab – und einer rechnet sich sogar Chancen für die Stichwahl aus.

Herr Rees, die Grünen haben die Geschicke der Stadt in den vergangenen Jahren in der Ampelkoalition mitgestaltet. Ihre Bilanz?
Klaus Rees:
Wir haben deutliche Akzente setzen können bei der Haushaltssanierung bzw. -konsolidierung. Das war ein wichtiger Schwerpunkt für uns. Da sind wir einen guten Schritt weitergekommen, ohne die soziale Infrastruktur zu gefährden. Es ist ein Erfolg, dass wir die Leistungsverträge im Umfang von 14 Mio. Euro weiterführen können. Wir haben aber auch vieles erreicht u. a. im Bereich Schulbausanierung, dem Ausbau der Kitas und auch beim Rückkauf der Stadtwerke. Wo wir uns nicht so gut durchsetzen konnten, das war im Bereich Umweltschutz. Da hat sich die FDP immer ziemlich quergelegt. Und da wir ein einheitliches Vorgehen vereinbart haben, war das nicht immer so einfach voranzukommen. Wäre es nach uns gegangen, wären wir jetzt weiter. Auch im Bereich der Stadtentwicklung sind wir nicht weitergekommen. Ich möchte diese investorengesteuerte Stadtentwicklung scharf kritisieren. Das ist für eine Großstadt wie Bielefeld so nicht in Ordnung. Wenn ich Oberbürgermeister würde, wäre einer meiner Schwerpunkte, dass wir zu einer planvollen Stadtentwicklung kommen. Dass wir die Akzente setzen – als Stadt, Politik und Rat und nicht die Investoren. Wir haben sehr viele Potentiale, die ich gern nutzen würde, wie z. B. die Konversion der Kasernenstandorte, wenn die Briten weggehen, oder auch die FH-Standorte. Das sind Bereiche, die mit Bürgerinnen und Bürger gestaltbar sind. Auch beim Thema Mobilität und Innenstadtentwicklung sind wir nicht weitergekommen. Das liegt aber nicht an der Ampel. Wenn man mit Klauen und Zähnen jeden überirdischen Parkplatz verteidigt, wie CDU und SPD, kommt man nicht dazu, bei der Gestaltung der Altstadt darüber zu reden, die Fußgängerzone um ein paar Meter Richtung Kunsthalle zu verlängern. Und auch bei der Förderung des Nahverkehrs haben wir Defizite – das sind Bereiche, die ich angehen möchte.

Herr Schlifter, zum Schluss hat es aus Sicht der FDP in der Ampelkoalition ziemlich geknirscht. Können Sie sich eine Fortsetzung der Zusammenarbeit überhaupt vorstellen?
Jan Maik Schlifter:
Herr Rees hat ja bereits die Konfliktlinien umrissen und auch die Gemeinsamkeiten, bei denen wir weitergekommen sind. Wir haben immer gesagt, dass wir ohne Koalitionsaussage in den Wahlkampf gehen. Das haben wir auch beim letzten Mal so gemacht. Wir müssen schauen, wie viele unserer Inhalte wir mit den Partnern durchsetzen können. Bei den Schnittmengen sehe ich größere Probleme auf uns zukommen. So werden wir künftig im Bereich der Schulpolitik stärkere Konfliktlinien haben, denn wir wollen Realschulen und Gymnasien erhalten.

Sie haben die Grünen als Standortrisiko bezeichnet. Ist das nur Wahlkampfrhetorik?
Jan Maik Schlifter: In der Frage der Gewerbesteuerprüfer haben die Grünen mit der Linken gegen alle anderen gestimmt. Jede Partei links von der SPD ist ein Standortrisiko. Ob das Label Steuergerechtigkeit grüne Wahlkampfrhetorik ist, wird sich zeigen.

Sie könnten sich also eine Fortsetzung der Zusammenarbeit vorstellen?
Jan Maik Schlifter: Wir haben nun auch fast fünf Jahre gemeinsam durchgehalten. Meiner Meinung nach wird eine Zusammenarbeit durch die unterschiedlichen Auffassungen in der Schulpolitik etwas unwahrscheinlicher, und auch weil sich zuletzt nicht alle an die Verabredungen gehalten haben. Aber ich schließe da nichts ausdrücklich aus, weil ich glaube, dass in der Kommunalpolitik, und der Rat wird sicherlich bunter werden, die Sacharbeit zählt. Wenn man nicht mehr miteinander redet, weil der Rat so fraktioniert ist, kommt man auch nicht voran.

Frau Schmidt, Sie waren in der Opposition. Was war aus Sicht der Linken das Schlimmste, was in der vergangenen Ratsperiode gegen Ihre Stimmen beschlossen wurde?
Barbara Schmidt:
Das Schlimmste war im letzten Jahr die Kürzung um 500.000 Euro im Sozialbereich. Das kann ich nicht nachvollziehen. Wenn man das Niveau der Bielefelder Leistungen betrachtet, insbesondere bei den Beratungsangeboten in den Krisenbereichen wie z. B. Baumheide – da laufen seit Jahren Anträge auf Aufstockung – wie kann man in dem Bereich noch kürzen? Das Krisentelefon der Diakonie musste eingestellt werden. Beim Bunker wurden genau die Gelder weggestrichen, die benötigt werden, um ein Programm zu machen. Da sind so viele Grausamkeiten zusammengekommen. Einiges wurde wieder zurückgenommen. Die Bahnhofsmission sollte ursprünglich auch kein Geld mehr erhalten. Da ist dann bei den handelnden Parteien anscheinend doch eine Schmerzgrenze erreicht worden. Oft waren es Zuschüsse, die gestrichen wurden. Und doch sind es oft gerade die städtischen Zuschüsse, die den Unterschied machen, dass eben nicht noch viel mehr wegbricht. Die Kürzungen in diesem Bereich fand ich grausam.
Klaus Rees: Ich möchte hier entschieden Widerspruch einlegen. Es geht darum, dass wir den Umfang der Leistungsverträge erhalten und sogar ausbauen. Im Rahmen der Haushaltskonsolidierung mussten wir, um den Haushalt genehmigungsfähig zu machen, für vier Jahre die Zuschusssummen an die freien Träger einfrieren. Wir haben ihnen eine trilaterale Gesprächsrunde angeboten, die auch mehrfach stattgefunden hat, um gemeinsam unter der gegebenen Haushaltssituation einen Ausweg zu finden und um den Trägern wieder eine Übernahme der steigenden Kosten gewähren zu können. Die freien Träger haben sich an dieser Diskussion nicht inhaltlich und konstruktiv beteiligt. Daher blieb die Quadratur des Kreises allein an uns hängen, um einerseits den Ansprüchen der Träger gerecht zu werden, aber auch andererseits die Haushaltssituation im Blick zu behalten. Wenn gesagt wird, dass wir beim Bunker Mittel eingespart haben, dann ist das zwar richtig, aber der Bunker ist heute existenzfähig. Die Verwaltung hatte den Bunker komplett zur Streichung vorgeschlagen. Und wir als Ampel haben einen Weg gefunden, wie der Bunker weiter existieren kann. Wir haben Beratungsmittel gekürzt, aber wir haben den Trägern nicht gesagt, dass sie beispielsweise in Baumheide kürzen sollen. Von einer Beratungsleistung von insgesamt 2,5 Mio. haben wir auf die Stadt bezogen 150.000 Euro runtergenommen. Die Träger haben entschieden, wo sie das umsetzen wollen. Das kann man im Einzelfall kritisieren, aber das ist nicht meine Entscheidung gewesen. Entgegen der Vorgaben der Bezirkregierung, bei den Sozialleistungen zu kürzen, haben wir an dieser Stelle die Leistungen ausgeweitet. Der Einschnitt war hart, das gebe ich zu, aber im Ergebnis sehe ich nicht, was daran katastrophal sein soll.
Barbara Schmidt: Das Grundproblem dieser Koalition war, dass sie gesagt hat, wir haben diesen Rahmen und den füllen wir aus. Haushaltspolitik besteht für mich nicht nur aus Ausgaben, sondern auch aus Einnahmen. Vor zehn Jahren sind die Einnahmen aus der Gewerbesteuer dramatisch abgesackt als Folge einer Unternehmenssteuerreform, die Rot-Grün 2001 auf den Weg gebracht hat. 2009 haben wir dann angefragt, welche Auswirkungen die Steuermaßnahmen in der Finanzkrise auf die Stadt Bielefeld haben. Der Kämmerer hat uns eine Liste gegeben für die nächsten vier Jahre. Da waren Mindereinnahmen von 85 Mio. Euro aufgeführt, allein für das Jahr 2012 24 Millionen Euro weniger Einnahmen durch die Steuerpolitik des Bundes. Das alles können wir doch hier nicht auffangen. Die Entlastung der Unternehmen ist unser Hauptkritikpunkt. Das tut den Unternehmen doch gar nicht weh, wenn der Gewerbesteuersatz erhöht wird. Es zahlen doch nur die, die überhaupt Gewinn machen. Da kann doch keiner aufschreien und sagen, das macht uns kaputt. Aber die Stadt braucht das Geld.
Klaus Rees: Die Stadt will die Verantwortung über die Finanzen behalten, deshalb müssen wir den Rahmen beachten, um trotz jährlicher Defizite den Haushalt genehmigt zu bekommen. Frau Schmidt hat Recht, der Bund hat uns mit Gesetzen, die auch Rot-Grün gemacht hat, reingerissen. Aber die Konsequenz, die sie daraus zieht, ist falsch: Sie sagt, wir müssen das Geld beim Bund und bei den Unternehmen holen. Das funktioniert meines Erachtens so nicht. Wir müssen auch hier in Bielefeld unsere Hausaufgaben machen.
Jan Maik Schlifter: Die letzte Bundesregierung hat für eine merkliche Entlastung gesorgt. Die Grundsicherung im Alter ist in unserer Konsolidierung drin. Die große kommunale Entlastung, die die SPD versprochen hat, ist nun jedoch auf die Zeit nach der nächsten Bundestagswahl verschoben worden. Das sind enorme Lasten, die wir tragen müssen, und ohne die Leistungen des Bundes wird es nicht gehen. Wenn ich an das Thema Inklusion denke, kommt das Land seinen Verpflichtungen auch nicht nach. Aber die Frage ist doch: Wie kommen wir da raus? Wir brauchen Einnahmen. Wenn wir beispielsweise die Städte des Ruhrgebiets betrachten, die haben nicht zu niedrige Gewerbesteuern, sondern zu hohe. Das Ruhrgebiet hat höhere Steuersätze, aber deutlich niedrigere Einnahmen. Das ist also nicht der Weg. Auch bei uns hat die letzte Gewerbesteuererhöhung weniger Einnahmen gebracht. Wir kommen aus der angespannten finanziellen Situation nur durch ein Wirtschaftswachstum raus. Wir müssen attraktiver sein als andere Städte und einen Zuwachs an sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen schaffen. Dann haben wir auch geringere soziale Folgekosten. Wir haben in Bielefeld 16.000 Arbeitslose, die brauchen Arbeit.

An welche weiteren Einnahmequellen denken Sie?
Jan Maik Schlifter: Wir sollten uns ohne Tabus auch mal anschauen, welche Vermögenswerte wir haben und prüfen, ob es ordnungspolitisch sinnvoll ist, was die städtischen Betriebe machen oder ob diese nicht auch Privatinitiativen verdrängen. Eine Idee ist, die BGW nicht an einen Investor zu verkaufen, sondern den Mietern durch das derzeit günstige Zinsniveau das Angebot zu machen, ihre Wohnung zu kaufen. Wir können auch über kleinere Beteiligungen nachdenken. Ich verstehe zum Beispiel nicht, warum die Stadt an Radio Bielefeld beteiligt ist.
Klaus Rees: Über Beteiligungen nachzudenken, finde ich richtig. Allerdings habe ich eine andere Meinung dazu, auf welche Beteiligungen wir verzichten könnten. Im Gegensatz zu Herr Schlifter möchte ich das nicht ordnungspolitisch, sondern strategisch angehen. Ich habe da zum Beispiel den Flughafen Paderborn mit absehbaren weiteren Defiziten oder die Sennestadt GmbH im Auge. Dass der derzeitige Amtsinhaber von dem einstimmigen Beschluss abrückt, die Bielefeld Marketing und WEGE zusammenzulegen, finde ich nicht richtig. Ich finde es schade, dass Herr Clausen dem Ultimatum des Verkehrsvereins nachgegeben hat. Ich bin dafür zu prüfen, ob eine einheitliche Geschäftsführung mit einer Trennung der operativen Bereiche sinnvoll ist. Weiterhin sehe ich Einsparungsmöglichkeiten bei den vielen Doppelstrukturen in der Stadt, die zum Teil von Herrn Clausen geschaffen wurden. Als wir das Haushaltskonsolidierungsprogramm angegangen sind, haben wir den Wählerinnen und Wählern gesagt, dass es harte Einschnitte gibt. Aber jetzt vor der Wahl werden viele Vorhaben wieder zurückgenommen, das kritisiere ich an dem derzeitigen Amtsinhaber. Das ist nicht konsequent. Das möchte ich abstellen, konsequenter angehen und mich nicht so nach dem Wind richten.

Frau Schmidt, wo haben die Linken positive Akzente gesetzt?
Barbara Schmidt: Positiv war, dass die Grundschulschließungen verhindert werden konnten. Das ist auch ein Erfolg der Eltern und Schulen, die in dem Grundschulforum zusammengearbeitet haben. Die zweite Geschichte ist die Ausgliederung der städtischen Kitas. Da waren wir die Einzigen außer dem Personalrat und den Beschäftigten, die deutlich gesagt haben, dass die Ausgliederung keine Perspektive sein kann. Und beim Freibad Gadderbaum waren wir als einzige Fraktion im Rat mit der Bürgerinitiative für den Erhalt, und das haben wir durchgesetzt. Das sind nicht die einzigen Punkte, aber die wichtigsten.
Klaus Rees: Mich wundert, dass Frau Schmidt so strukturkonservative Aspekte hervorhebt. Gerade bei der Schließung der Grundschulen wird es so sein, dass die Leute mit den Füßen abstimmen und die Grundschulen in Ermangelung von Kindern nun ungesteuert schließen werden. Ich respektiere das Engagement der Eltern, aber aus der Sicht der Schulentwicklungsplanung ist das eine Katastrophe. Beim Freibad waren Teile der Grüne auch dafür, dieses zu erhalten. Ich mache aus meinem Herzen keine Mördergrube, ich habe mich in der Partei und beim Aufsichtsrat für die Schließung aus wirtschaftlichen Gründen eingesetzt, aber gleichzeitig gesagt, wenn die Bürgerinnen und Bürger den Erhalt wollen, dann setzen wir das um. Das unterscheidet uns von der FDP, denn wir haben keinen Wahlkampf gegen den Bürgerentscheid gemacht, und das unterscheidet uns auch von Herrn Clausen.

Stichwort Linie 5 – ist das Geldverschwendung für eine klamme Kommune?
Barbara Schmidt: Nein, überhaupt nicht. Das ist Stadtentwicklung. Die Erhaltung der Straßenbahn in den 1950er und 1960er Jahren war eine gute Tat. Sie garantiert für viele Menschen eine schnelle Mobilität. Der Ausbau ist eine überfällige Entscheidung. Das ist richtig, wichtig und nötig. Denkt man Energiemobilitätspolitik und Klima auf Dauer mit, dann ist das der richtige Weg. Busse sind keine Alternative. Ein Großteil der Finanzen wird über Mobiel aufgebracht und über 40 Jahre abgeschrieben. Somit gibt es auch keine sofortige Belastung des städtischen Haushalts. Ich finde es hervorragend, dass eine Befragung stattfindet, denn nun setzen sich die Menschen mit ihrer Stadt und der komplexen Thematik auseinander.

Herr Schlifter, in Ihrer Partei herrscht zur Linie 5 keine einheitliche Meinung?
Jan Maik Schlifter: Nein, wir haben eine klare Beschlusslage. Wir stehen dem ÖPNV grundsätzlich positiv gegenüber. Wir haben ja auch in der Vergangenheit Erweiterungen befürwortet und mitgetragen. Ich finde nur den Zeitpunkt der Befragung nicht richtig. Vieles ist noch offen, zum Beispiel die Verkehrssituation auf dem Jahnplatz. Die Stadt hat ein Gutachten in Auftrag gegeben, um zu prüfen, wie es aussehen kann, wenn die Stadtbahn dort fährt. Ich möchte das – oder auch mögliche Alternativen – geklärt wissen, bevor abgestimmt wird. Aber dazu ist die Zeit zu knapp. Außerdem hätte ich mir eine rechtsverbindliche Abstimmung gewünscht.
Klaus Rees: Wenn man das rechtsverbindlich hätte machen wollen, hätte man im Vorfeld den Zeitpunkt der Abstimmung genau überlegen müssen. Wenn aber bereits einbestimmter Stand der Planung erreicht ist, ist ein rechtsverbindlicher Bürgerentscheid nicht mehr möglich. Ich war zunächst nicht mit dem Zeitpunkt und mit der Art der Fragestellung zufrieden, habe jetzt aber meinen Frieden damit gemacht. Eigentlich ist die Kommunalwahl bereits die Abstimmung, weil letztlich der Rat entscheidet. Ich verstehe Herrn Schlifter an dieser Stelle nicht, denn man kann noch viele Fragen und Probleme herbeireden. Es geht doch zunächst um das grundsätzliche Ja zum Ausbau.
Jan Maik Schlifter: Aber das sind doch nicht nur Details, wenn ich wissen möchte, wie die Verkehrsführung auf dem Jahnplatz künftig aussehen soll.
Klaus Rees: Natürlich fände ich einen autofreien Jahnplatz wünschenswert, das können Sie mir glauben. Aber das ist nicht realistisch.Solange wir Busse haben, wird es keinen autofreien Jahnplatz geben. Ich werde für eine Lösung arbeiten, die weniger Individualverkehr für den Platz bedeutet. Auch deswegen brauchen wir die Linie 5.

Herr Rees, haben Sie keine Angst, dass Ihre Kandidatur Pit Clausen entscheidende Stimmen kostet und am Ende Andreas Rüther gegen Johannes Delius in der Stichwahl antritt?
Klaus Rees: Ich habe großes Vertrauen in meine Überzeugungskraft. Ich bin bekannt und kann meine Positionen gut vertreten. In erster Linie geht es mir um meine Kandidatur. Ich versuche so gut wie möglich abzuschneiden. Ich arbeite daran, dass ich in die Stichwahl komme.

Herr Schlifter, wird die Kandidatur von Johannes Delius Ihre Partei viele Stimmen kosten?
Jan Maik Schlifter: Nein, das glaube ich nicht. Als OB-Kandidat hat sein Name eine gewisse Strahlkraft, aber die BfB hat außer Herrn Delius nicht viel zu bieten und ist daher für den Stadtrat auch keine attraktive Alternative. Ich habe mich im Übrigen auch zur Kandidatur entschlossen, weil wir uns bei den Positionen von Herrn Delius nicht wiederfinden. Und das ist auch bei unseren Wählern so.

Und Ihre Prognose für die Stichwahl?
Jan Maik Schlifter (verschmitzt): Ich glaube, Herr Clausen kommt rein (längere Pause).
(Allgemeine Heiterkeit in der Runde) Kleiner Scherz. Ich sehe Herrn Rüther zusammen mit Herrn Clausen in der Stichwahl.

Frau Schmidt, mit Klaus Rees haben die Grünen einen eher linken Kandidaten aufs Schild gehoben. Müssen Sie befürchten, mit Ihren Themen nicht richtig durchzudringen?
Barbara Schmidt: Das glaube ich nicht. Denn die Grünen haben sich im Rat, insbesondere mit Klaus Rees, zu einem Oberspar- bzw. Kürzungskommissar gemausert. Die Einsparungen im Personalabbau gehen ans Eingemachte. Da sehe ich überhaupt nichts Linkes. Deswegen bin ich da schon gefragt.

Und Ihre Prognose für die Stichwahl?
Barbara Schmidt: Ich könnte mich da Herrn Schlifter anschließen. Was wir im Rat und überhaupt in der Bundesrepublik häufig unterschätzen, ist, dass die CDU 40 Prozent hat.
Klaus Rees: Und ohne etwas dafür zu tun!
Jan Maik Schlifter: Die CDU hat über die Ratsperiode hinweg keinen Oppositionsführer und keine inhaltliche Alternative aufgebaut. Man hatte nicht den Eindruck, dass der Oberbürgermeister getrieben wird durch eine Reihe konstruktiver Anträge im Rat. Zum Haushalt wurde kein einziger Antrag eingebracht – noch nicht einmal im Wahljahr. Die Opposition hat aber doch die Aufgabe, eine Alternative zu skizzieren. Wenn sie den Haushalt aber einfach nur ablehnt ohne eine solche Alternative aufzuzeigen, so ist das ziemlich dürftig für die größte Fraktion im Rat. Es ist vielleicht auch eine Strategie, ohne nennenswerte eigene Vorschläge die Zeit einfach abzusitzen und zu hoffen, dass man von allgemeiner Unzufriedenheit profitiert. Die Schwierigkeiten die damit verbunden sind, werden jetzt im Wahlkampf aber deutlich. Das hektische Umschwenken weg von fünfter Gesamtschule hin zur Primusschule zeigt: Da fehlt programmatische Stringenz.

DIE KANDIDATEN

Klaus Rees, 55 (Die Grünen)
Dipl. Soziologe, Diplom-Kaufmann Verwaltungsmanagement
Der passionierte Läufer lebt seit 35 Jahren in Bielefeld.

Jan Maik Schlifter, 38 (FDP)
Unternehmer, Dipl. Betriebswirt
Der begeisterte Fußballer (Wilde Liga) ist gebürtiger Bielefelder.

Barbara Schmidt, 59 (Die Linke)
Dipl. Soziologin, Buchhändlerin
Die leidenschaftliche Leserin ist gebürtige Bielefelderin

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